Resilienz als Wundermittel gegen Krisen?

Resilienz wird schon seit einer Weile zunehmend als eine der wichtigsten Kompetenzen für die Arbeitswelt von morgen genannt. Und ich gehe damit d'accord: bin ich doch selbst der Meinung, dass es hilft, dank innerer Widerstandskraft situationselastisch zu agieren, Herausforderungen zu meistern, ohne dabei Schaden zu nehmen und daran zu wachsen.

Und nicht nur ich sehe das so – auch kann man in unterschiedlichen Artikel und Studien nachlesen, dass Resilienz hilft in einer sich immer schneller verändernden Welt (psychisch) gesund zu bleiben. So hat beispielsweise die „Wege zur Selbst-GmbH“, ein branchenübergreifendes Netzwerk von Personalexperten, im Rahmen einer Delphi-Studie häufig genannte Kompetenzen systematisch analysiert. Dabei kam heraus, dass Resilienz für die neue Arbeitswelt unabdingbar ist. Es ist folglich durchaus nachvollziehbar, dass gerade in der aktuellen (Krisen)Situation der Ruf nach Resilienz verstärkt aufkommt. Doch Resilienz scheint zur Zeit für alles die Lösung zu sein. Der Begriff ist überall anzutreffen und dennoch oder gerade deshalb nehme ich wahr, dass sich viele Mythen über Resilienz hartnäckig halten.

Mythos Nr. 1: Resiliente Menschen haben eine Teflonpfannen-Beschichtung: Krisen prallen an ihnen ab

Vergleiche mit der Teflonpfannen-Beschichtung oder einer Lotusblüte gefallen mir daher nicht, weil diese Bilder suggerieren, dass Probleme und Krisen an einem ganz einfach abperlen können. Aber Resilienz bedeutet nicht, dass ich keine Krise mehr erlebe und nie mehr stolpere. Krisen werden wir wohl immer begegnen. Menschen, die resilient agieren, fallen weniger tief ins Loch, kommen schneller und im besten Fall gestärkt aus der Krise hervor. Sie sind in der Lage noch in der Krise die Perspektive zu wechseln und mental flexibel zu agieren. Sie schaffen es selbst die treibende Kraft zu bleiben und nicht in die Opferrolle zu verfallen. Getragen wird dies von Optimismus und der Bereitschaft, für sein eigenes Leben auch in Krisenzeiten Verantwortung zu übernehmen.

Neulich habe ich im Artikel «Die Krise als Lernfeld – Reset für die Resilienz» von Professor Dr. Friederike Müller-Friemauth (erschienen in: ManagerSeminare Heft 267) gelesen, dass das Lebensmotto von Resilienten folgendermassen lautet: «Evolution reicht. Entwicklung ist alles. Der Weg ist das Ziel.» Sie beschreibt im Artikel, dass Ent- und Umlernen im Weltbild von resilienten Personen integriert ist, weil ihnen durchaus bewusst ist, dass nicht alles planbar ist. Zeiten wie diese zeigen uns das in aller Deutlichkeit wieder auf.

Mythos Nr. 2: Menschen, die resilient handeln, passen sich jeder Situation an

Das ist eine Frage der Perspektive. Ja, Resilienz hilft anpassungsfähig in einer sich verändernden Welt zu sein und dank einer mental agilen Haltung den Sinn in Veränderungen zu erkennen. Dennoch möchte ich hier noch auf die andere Seite der Medaille hinweisen: Menschen, die sich mit ihrer Resilienz beschäftigen, setzen sich auch stark mit ihren eigenen Werten, Einstellungen und Stärken auseinander. Entsprechend bedeutet dies auch, dass resilient handelnde Menschen eine starke innere Orientierung und innere Stabilität haben, welche sich gerade in unsicheren Zeiten ausbezahlt. So hilft es beispielsweise beim Thema der Lösungsorientierung die eigenen Werte zu kennen. Denn nur so kann man auch entscheiden, welche Lösung denn auch am besten zum eigenen Wertesystem passt. Von diesem Blickwinkel betrachtet, bedeutet es eben auch, dass Resilienz dazu führt, dass man sich verstärkt am eigenen Wertesystem ausrichtet und entsprechend konsequenter Dinge ablehnt, die nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen. Also das Gegenteil von Fähnchen im Wind.

Mythos Nr. 3: Resilienz hilft zur Effizienzsteigerung

Ohne eine gut trainierte Resilienz kommt es schneller zu Überforderung und Stress. Von daher stimme ich der Aussage zu, dass Resilienz zu einer höheren Toleranz mit Belastungen führt. Ich lehne allerdings die Einstellung ab, dass im Arbeitsumfeld, Menschen auf noch höhere Belastungsfähigkeit getrimmt werden sollen, um noch effizienter mehr Projekte durchbringen zu können. Leider habe ich dies in meiner langjährigen Erfahrung im Bereich Betriebliches Gesundheitsmanagement nicht selten erlebt: Unternehmen investieren dann zwar in die Themen Resilienz und Stressmanagement, allerdings nicht immer aus den richtigen Beweggründen. Direkt oder indirekt liessen sie nämlich durchblicken, dass das Belastungsthema abnehmen würde, wenn doch ihre Mitarbeitenden resilienter und kompetenter im Umgang mit Stress sind – in der Hoffnung, dann noch mehr Projekte durchbringen zu können. Doch das stimmt so nicht. Auch resiliente Menschen haben ihre Belastungsgrenzen. Resilienz bedeutet also nicht, dass wir unendliche Ressourcen haben und wie ein Duracellhase Runde um Runde liefern können. Resilienz führt vielmehr dazu, dass Menschen ihre eigenen Grenzen besser kennen und mit Eigenverantwortung für sich Sorge tragen – dazu gehört auch NEIN sagen.

Mythos Nr. 4: Resilienz ist angeboren

Nein, Resilienz ist nicht angeboren – sondern lässt sich trainieren. Ich finde das eine wunderbare Ausgangslage, heisst es doch auch, dass wir ungeachtet unseres Alters und unserer Situation täglich daran arbeiten können, resilienter zu handeln. Und ja, ich gebe zu: Das klingt einfacher als es in der Tat ist, aber wenn man sich hier kleine Schritte vornimmt, dann geht das. Schritt für Schritt entlang der 7 Resilienzschlüssel, die da wären:

  • Akzeptanz
  • Optimismus
  • Selbstwirksamkeit
  • Eigenverantwortung
  • Netzwerkorientierung
  • Lösungsorientierung
  • Zukunftsorientierung/-planung


In meinem kommenden Blog gehe ich noch näher auf diese Schlüssel der individuellen Resilienz ein – Sie dürfen gespannt sein.

Wenn auch Sie Ihre individuelle und organisationale Resilienz stärken wollen, um künftige Krisen und Herausforderungen besser zu meistern, dann schreiben Sie mir unter mail@zachariah.ch und wir sprechen darüber.