Lassen Sie sich einfach treiben oder suchen Sie aktiv gute Winde?

Organisationsentwicklung und Ballonfahren – auf den ersten Blick haben diese beiden Dingen nicht viel miteinander zu tun. Doch bei genauerem Hinsehen fallen doch einige Parallelen auf. Weshalb es wichtig ist, als Unternehmen auch mal Ballast abzuwerfen und Kontrolle abzugeben, um zukunftsfähig zu bleiben, lesen Sie hier.

Der Schweizer Abenteurer Bertrand Piccard umrundete 1999 zusammen mit dem Briten Brian Jones als erster Mensch die Welt in einem Ballon. Gemäss Piccard kann man beim Ballonfahren nicht gegen den Wind fliegen, sondern kommt nur mit dem Wind voran. Je nach Windrichtung und eigenem Ziel bringt Ihnen der Wind also Glück oder Pech, denn der Wind treibt Sie gnadenlos vor sich her. Wollen Sie eine andere Richtung einschlagen, müssen Sie die Flughöhe ändern, da in unterschiedlichen Höhen der Wind in unterschiedliche Richtungen weht. Dazu gehört auch, Ballast abzuwerfen und zu lernen, auch mal die Kontrolle abzugeben. Beides ist für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen zwar essenziell, scheint in der heutigen Arbeitswelt aber nach wie vor für viele Unternehmen eine zentrale Herausforderung zu sein.

Ballast abwerfen

Wer Neues erlernen und erfahren möchte, muss zwingend Altes loslassen. Doch gerade im Loslassen tun sich Unternehmen schwer. Laufend kommen neue Projekte, mehr Aufgaben, neue Prozesse und Regeln dazu, doch nur selten werden in Unternehmen bewusst bestehende Praktiken hinterfragt und – wo erforderlich – losgelassen. Dabei gäbe es vielerlei Gründe, Ballast abzuwerfen:

  • In immer mehr Unternehmen nimmt das Problem von überlasteten und belasteten Mitarbeitenden zu. Mitarbeitende, die sich beklagen, dass sie vor lauter Prozessen und Regeln gar nicht mehr dazu kommen, ihrer eigentlichen Arbeit nachzugehen und darin den Sinn in ihrer Arbeit verlieren, gehören heute leider vielerorts zum Standard. Erschöpfung, gehäufte Absenzen, erhöhter Präsentismus, erhöhte Fluktuation sind nur einige der Folgen.
  • Die vielen internen Abläufe, Prozesse und Regeln führen dazu, dass sich der organisationale Fokus zunehmend nach innen richtet und die Entwicklungen, die auf dem Markt vor sich gehen, verpasst oder zu spät erkannt werden. Dabei benötigt es gerade in der VUCA-Welt eine erhöhte Aufmerksamkeit, um schnell auf dem Markt agieren zu können und zukunftsfähig zu bleiben.
  • Das schnelle Agieren in dynamischen Zeiten ist in Unternehmen, die durch angehäufte Bürokratie träge geworden sind, fast nicht mehr möglich.
  • Last but not least: Motivierte und gute Mitarbeitende wollen bei ihrer Arbeit etwas bewegen und bewirken. Werden sie durch angehäufte Bürokratie daran gehindert, suchen sie sich Alternativen. Der Fachkräftemangel spielt ihnen dabei in die Hände. Es stellt sich also die Frage, welches Unternehmen es sich tatsächlich leisten kann, seine guten Leute mit unnötiger Bürokratie zu vergraulen.

In der agilen Arbeitsweise wird beispielsweise die Retrospektive eingesetzt, um sich bewusst zu fragen: Womit müssen wir stoppen, um uns auf wirklich Wichtiges konzentrieren zu können? Achten Sie jedoch darauf, dass alle Prozesse, Regeln etc., die verabschiedet werden, auch gewürdigt werden sollten. Denn in den meisten Fällen, hatten diese Arbeiten und Regeln über viele Jahre eine Berechtigung und nicht selten ist es frustrierend und demotivierend für Mitarbeitende, wenn sie den Eindruck bekommen, jahrelang sinnlose Arbeiten erledigt zu haben.

Kontrolle abgeben

Kontrolle abgeben ist erfahrungsgemäss gerade für Führungspersonen äusserst schwierig. Nicht selten erfordert es in diesem Prozess eine gute Portion Vertrauen, Mut und Bescheidenheit. Sich einzugestehen, nicht alles wissen zu müssen und wissen zu können sowie anzuerkennen, dass man selbst auch immer wieder auf Andere angewiesen ist, bedarf einer demütigen Haltung. Demut ist eine wichtige Kompetenz von agilen Leadern.

Ein wichtiges Lern- und Übungsfeld für Unternehmen und Führungspersonen ist in diesem Kontext das Experimentieren. Experimentieren erfordert nämlich den Mut, sich auf einen Prozess mit unbekanntem Ende einzulassen, Kontrolle loszulassen und daraus zu lernen. Mit Hilfe von ergebnisoffenen Vorhaben entwickeln sich Unternehmen in eine unbekannte Zukunft hinein und sammeln Erfahrung mit Unplanbarem und Unvorhersehbarem.

Kontrolle loslassen, bedeutet also auch Vertrauen in sich, seine Mitarbeitenden und den Prozess zu haben. Gerade wenn jahrelang gewohnte Muster von Kontrolle durchbrochen werden, können Unsicherheiten bei den Mitarbeitenden entstehen. Dabei ist zu beachten, dass Freiräume geben, nicht bedeutet die Mitarbeitenden alleine zu lassen. Es handelt sich hier nicht um Selbstüberlassung. Entsprechend ist es relevant den Mitarbeitenden Unterstützung anzubieten und in sie zu vertrauen.

Fazit

Für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen ist es daher essenziell, aktiv gute Winde zu suchen. Also bewusst die Flughöhe ändern, Altes loslassen und Neues ausprobieren. Dies bedeutet im Gegenzug mit einer guten Portion Demut ans Werk zu gehen, sich auf einen ergebnisoffenen Weg einzulassen und dem Prozess und den Mitarbeitenden zu vertrauen.

Wollen auch Sie Ballast abwerfen, aber sind sich unsicher, wie Sie das angehen können? Gerne begleite ich Sie dabei, Ihre Organisation sinn.voll zu gestalten.